Guatemala

10.10 - 27.10.2011 (222km, Total: 5033km)

Am Ortseingang von La Mesilla ist ein Schlagbaum und das unscheinbare Zollgebäude. Eine eigentliche Kontrolle gibt es nicht denn es regnet und der Zollbeamte hat keine Lust, nass zu werden.
Sofort kommt ein Mann auf mich zu und will die mexikanischen Pesos wechseln die ich noch bei mir habe. Der Kurs, den er mir anbietet ist sehr schlecht und ich laufe weiter in der Hoffnung, etwas mehr guatemaltekische Quetzales zu bekommen. Die Banken wechseln keine Pesos und so muss ich mich auf der Strasse am Schwarzmarkt umschauen. Mach ich nicht gerne aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Es klappt dann auch und ich bin froh, das Problem gelöst zu haben.

An der Hauptstrasse ist ein geschäftiges Treiben. Mexikaner kommen hierher um Einkäufe zu machen. Ein Marktstand reiht sich an den anderen. Am Ausgang des Dorfes mache ich einen Halt bei einem Laden und erkundige mich nach dem Weg und den Ortschaften. Die Karte die ich bei mir habe ist sehr ungenau und  google maps ist auch nicht besser. Dazu kommt noch, dass es in Guatemala kaum Ortstafeln gibt.

Da fährt ein Töffahrer daher und hält an. Es ist ein junger Argentinier der mit seiner einfachen Maschine mit etwa 100 ccm den ganzen amerikanischen Doppelkontinent abfährt. Er brauche nur zu tanken und Oel zu wechseln, verrät er stolz.  Wir plaudern eine Weile und dann tuckert er weiter. Er möchte heute noch bis zum Lago de Atitlan fahren. Das sei ein wunderschöner See, umgeben von 3 Vulkanen und ursprünglichen Dörfern.

Wegen des Regens fahre ich nur noch ein paar Kilometer weiter bis La  Democracia.  Dort nehme ich Quartier in einem Hotel und hoffe auf besseres Wetter.

Die Strasse nach Huehuetenango geht etwa 60km bergauf durch die Schlucht des Rio Selegua. Trotz der engen Schlucht wohnen hier Menschen die auf den paar Quadratmetern ebenen Bodens Kaffeesetzlinge züchten. Ab einer bestimmten Grösse werden diese dann weiterverkauft. Ich sehe auch kleine Maisfelder am extrem steilen Hang. Die Menschen grüssen freundlich und vor allem Kinder winken und lachen. Ich komme mir vor wie ein Teilnehmer an der Tour de Suisse. Bei einer Rast schwatze ich mit den Töchtern des Hauses und wir machen ein Erinnerungsfoto.

Es geht nicht steil bergauf und ich komme ohne zu schieben doch recht flott voran. Bei einem Restaurant, dass auf dem abschüssigen Fels gebaut ist, mache ich Pause und gönne mir eine Suppe. Vom Fleisch ist nichts zu sehen und es hat nur Knochen und Knorpel drin.

Vor der Abzweigung in Huehuetenango komme ich mit einem Taxichauffeur ins Gespräch. Er sei mal Radrennfahrer gewesen und mein Brooks Ledersattel sei dann gar nicht gut für meine Prostata. Ich lenke dann das Gespräch weg von meiner Prostata denn es interessieren mich im Moment andere Dinge. Er erklärt mir den Weg in die Stadt und welchen Weg ich weiter nehmen soll Richtung Osten. Begeistert redet er vom mehrtägigen Radrennen in Guatemala das bald beginnen soll. (Die Tour wurde danach abgesagt)  Leider habe er es nie geschafft daran teilzunehmen. Er habe vom intensiven Training und den Rennen leider Probleme mit dem Herz bekommen und jetzt könne er gar nicht mehr radfahren.  Nach dem langen Gespräch mache ich mich dann auf den Weg in die Stadt und finde im Zentrum ein schönes Hotel und mache einen Ruhetag.

Das Wetter bleibt sehr bewölkt und kühl. Ich bin jetzt über 2000m ü.M. Ein Mann, der von Mexico geschmuggeltes Benzin verkauft, erklärt mir, dass die Strasse nach Quiché sehr hügelig sei. Ich mache mir keine Sorgen deswegen, denn ich war ja die ganze letzte Zeit in den Bergen. Es kann ja nicht schwerer werden, denk ich mir. Was jedoch kommt ist eine Anreihung von sehr steilen Aufstiegen und Abfahrten. Den ganzen Tag bin ich praktisch nur am aufwärtsschieben, denn die Abfahrten sind nur kurz und es geht jeweils gleich wieder steil rauf. In den letzten Tagen hat es heftig geregnet und Geröll von Erdrutschen liegt auf der Strasse. Eine Spur ist jedoch immer passierbar und ich mache mir keine besonderen Gedanken dabei denn es ist Regenzeit. Ich raste bei einer Tankstelle und während ich den Kaffee schlürfe beginnt es wieder heftiger zu regnen und ich mache mir Gedanken wie es heute weitergehen soll.

Ein schöner weisser Pickup hält vor dem Restaurant der Tankstelle an und ein Mann im Cowboy-Look steigt aus. Er spricht mich gleich an und fragt woher ich komme usw. Er heisst Fabio und hat eine kleine Ranch einige Kilometer von hier. Gerne nehme ich seine Einladung an und schon laden wir das Velo auf den Pickup und fahren los. Heute habe ich wirklich Glück im Pech!
Auf dem "rancho" wie es hier heisst, leben noch seine Schwester und die Mutter. Fabios geschiedene Frau wohnt mit den Kindern in Huehuetenango. 2 Pferde habe er gehabt aber er musste sie verkaufen. Die schönen Western-Sättel sind fein säuberlich aufbewahrt im Schlafzimmer.
Die Leute leben sehr einfach aber es hat Strom. Die Küche hat eine Kochstelle aus Beton und wird natürlich mit Holz betrieben. Die sehr betagte Mutter weicht nur zum schlafen vom warmen Herd denn es ist ungewöhnlich kalt. Die Kühe werden von Hand gemolken und auch für alle anderen Arbeiten gibt es keine Maschinen hier. Immerhin muss er nicht heuen. Es ist das ganze Jahr über grün.

Am nächsten Morgen fährt mich Fabio bis nach Quiché, etwa 40 km weiter. Von dort sind es weitere 20 km, steil rauf und runter natürlich, bis nach Chichicastenango. Die kleine Stadt ist mir empfohlen worden, wegen der indigenen Bevölkerung und dem weitaus bekannten Markt. Im Hotel läuft das Radio und erst hier wird mir bewusst wie schlimm die Regenfälle waren und noch werden. 3 weitere Tage hält der Regen an, fordert Menschenleben,  und richtet immense Schäden an. Es trifft vor allem die Aermsten.

Ich fahre dann noch einen Tag  bis zum nächsten grösseren Ort Tecpan. Von dort nehme ich dann einen Bus und fahre etwa 100km bis Guatemala Stadt. Allmählich lassen die Niederschläge nach. Die mittelamerikanischen Länder sind schon arm genug und jetzt sind sie zusätzlich noch getroffen worden von dieser Katastrophe.

Ich beschliesse hier, mit dem Flugzeug nach Cartagena in Kolumbien zu reisen.

 Jetzt, wo ich darüber schreibe, weiss ich, dass dieser Entscheid  richtig war. 


 



 

Über mich

Sucre, Chuquisaca, Bolivia