In La Paz warte ich also ich ein paar Tage bis ich einen Platz erwische auf der Fähre nach Mazatlan, an der mexikanischen Westküste des Festlandes. Frühzeitig fahre ich zum etwa 15 km entfernten Hafen nach Pichilingue und esse etwas an einem Taco-Stand. Da fährt ein älterer Herr daher auf einem Velo und erkundigt sich nach dem Schiff nach Mazatlan. Wir kommen schnell ins Gespräch. Der Mann heisst Michel Beaudoin und stammt aus Quebec, Kanada. Auf der Schiffsreise beschliessen wir, die Veloreise zusammen fortzusetzen.
Nach einer Nacht in einem Hotel in Mazatlan machen wir uns, noch in der Dunkelheit, auf den Weg Richtung Süden. Wir nehmen die Autobahn. Diese hat einen breiten Pannenstreifen und ist um einiges sicherer und bequemer zu fahren als die enge Landstrasse. Michel erzählt, dass er seit 15 Jahren davon träumt, die Panamericana von Alaska nach Feuerland mit dem Velo zu befahren. Nun endlich, beinahe pensioniert, hat er er sich die 10 Monate Auszeit genommen. Bis vor 2 Jahren hat er täglich 2 Päcklein Zigaretten geraucht und beide Hüften musste er sich operieren lassen. Das aufsteigen auf's Velo bereitet ihm Mühe, da das Hüftgelenk in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Als ich das zum ersten Mal sehe, frage ich mich, wie er es bis hierher geschafft hat. Was ihn auszeichnet ist der eiserne Wille, Leidenschaft, und eine gute Portion Humor.
Ich ärgere mich noch ein paar Tage weil ich das Necessaire auf dem Schiff liegengelassen habe. Ich mache einige Telefonate und e-mails an das Schiffsunternehmen aber niemand dort scheint sich für mein Anliegen zu interessieren.
Die Landschaft präsentiert sich nun grün und fruchtbar. Es hat Plantagen mit tropischen Früchten und viel Urwald auf den Hügeln. Total anders als die Wüste der Baja California. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und treibt uns den Schweiss aus den Poren. Genausowichtig wie das Trinken ist die Aufnahme von Elektrolyt. Michel hat sich Pulver besorgt und ich stehe mehr auf das Fertiggetränk das es überall zu kaufen gibt
Am ersten gemeinsamen Tag fahren wir etwa 100 km bis zur Kleinstadt Esquinapa. Den nächsten Tag werde ich nicht so schnell vergessen. Wir bleiben auf der sehr bequem zu befahrenden Autobahn Nr. 15 und machen eine Rast in einem kleinen Dorf. Es gibt keine eigentliche Ausfahrt hier. Nur ein schmaler Weg führt in den kleinen Ort. Wir pedalen dann viele Stunden weiter auf der Autobahn ohne jegliche Möglichkeit um Getränke oder Wasser zu besorgen. Erst nach 135 km Hitzeschlacht und buchstäblich mit dem letzen Tropfen Wasser erreichen wir abgekämpft den Ort Ruiz. Am Ortseingang ist ein kleiner Polizeikontrollposten und ich frage den jungen Mann, ob er kühles Wasser hat. Der schwerbewaffnete Polizist ist freundlich und wir dürfen uns bedienen. Wir finden ein tolles Hotel am Ortsende und dürfen auch unsere Bestellungen für Getränke und Esswaren aufgeben welche der Sohn des Hauses dann für uns besorgt. Wir sind sehr froh und dankbar dafür. Die Frau hat wohl gesehen, dass wir nicht mehr so frisch sind und uns diesen Service angeboten.
Die Frau beschreibt uns zudem noch eine Abkürzung an die Küste ohne die Stadt Tepic durchfahren zu müssen. Wir sparen einen Tag und die Strecke ist zudem schöner durch die kleinen Dörfer. In einem der Orte, es ist Punkt 11 Uhr, findet gerade ein Umzug mit Reitern, einem grossen Stier und einem Wagen statt. Auf dem Wagen steht eine in festliches Kostüm gekleidete, schöne junge Dame.Wir halten an und bestaunen den Umzug. Das sei der 11-Uhr-Umzug, gibt man uns nachher kurz und bündig zur Antwort als wir nach dem Anlass dieses Treibens fragen. Jedes Jahr am 13. August findet dieser statt. Also nicht täglich um 11 Uhr... Es wird viel gefeiert in Mexico aber soviel nun wieder auch nicht.
Kurz vor der Stadt San Blas darf ich noch auf dem Pferd eines Vaqueros (Cowboy) reiten. Der Mann ist gerade mit seinem Sohn bei den Rindern an der Strasse und wir sind mit ihnen ins Gespräch gekommen. Am Abend, bei strömendem Regen, wir sind gerade beim Nachtessen in einem Restaurant, findet auch hier wieder eine Prozession statt. Es scheint etwas auf sich zu haben mit dem 13. August hier in Mexico.
2 Tage später sind wir dann schon in der Touristenhochburg Puerto Vallarta. Etwas ausserhalb des Zentrums finden wir Unterkunft in einem Hotel mit Swimmingpool. Da wir einige Besorgungen zu machen haben bleiben wir einen Tag in der Stadt. Es läuft nicht so viel, denn im August ist wohl vielen Nordamerikanern zu heiss für einen Besuch hier.
Wie üblich machen wir uns von Puerto Vallarta aus schon kurz vor Sonnenaufgang auf die Velos. Es geht nun weiter auf der Ruta 200 mehr oder weniger alles der Pazifikküste entlang. Wir schaffen es nur bis nach bis Las Juntas y los Veranos, ganze 27 km! Fast alles steil bergauf und man sagt uns, dass es so weitergehen würde. Also bleiben wir im Dorf denn es macht wenig Sinn sich unnötig der Nachmittagshitze weiter auszusetzen. Das Hotel ist sehr sauber und die Menschen sind, wie überall bis jetzt in Mexico, sehr freundlich. Man spricht sich an mit "Amigo" oder "Amiga" an und fast scheint es als ob Mexico ein Land von Freunden ist. Es geht weiter bergauf bis nach El Tuito, 20 km weiter. Hier machen wir, wie fast immer so nach den ersten 15-20 km, eine Frühstücksrast. Nach 108 km finden wir in Morelos ein sehr grosszügiges und günstiges Hotel mit ebenso grosszügigen Menschen. Dass die Internetverbindung nicht klappt, wie bei manchen Hotels in den kleinen Orten, stört nicht. Ich verbringe eh zuviel Zeit an dem Apparat seit ich einen mitschleppe. Ich habe auf dem Weg hinauf zum Hotel den Kilometerzähler verloren und laufe später mit Michel die ganze Strecke wieder ab, finden jedoch nichts. Ich habe die Suche schon fast aufgegeben, da kommen 2 Jungen daher mit dem Ding. Sie haben uns 2 "Gringos" gesehen wie wir etwas auf der Strasse suchen und den kleinen Computer gefunden. Das Deckglas ist etwas beschädigt aber die Anzeige funktioniert noch tiptop. Wir drücken dem Jungen einen Batzen in die Hand und bedanken uns. Etwas enttäuscht schaut uns der Junge an. Er hat scheinbar einen höheren Betrag erwartet und so legen wir noch etwas nach auf den Batzen. Es freut mich unheimlich, dass wir das Ding wieder in den Händen habe. Ich möchte noch einen Ausritt machen an den etwas entfernten Strand aber es dunkelt bald und der Amigo der mir das Pferd zur Verfügung stellen wollte, findet dieses nicht mehr. Irgendwie verschwinden hier in Morelos Pferde und Radcomputer und erscheinen plötzlich wieder... Dies mein (wohl total falscher) Eindruck von Morelos, Jalisco, Mexico.
Der nächste Tag nach Barra de Navidad ist sehr hart denn von den knapp 100km geht es sicherlich 50 km bergauf und auf dem "Zahnfleisch" erreichen wir nach einer etwa 4km langen steilen Abfahrt die Stadt. Ein schöner Ort, der vom Tourismus lebt aber, wie gesagt, die Amerikaner und Kanadier kommen dann im Herbst oder Winter. Es ist angenehm ruhig und wir 2 Velofahrer machen uns einen Ruhetag hier im klimatisierten Hotel. Wir haben Erholung nötig.