Kolumbien Teil 2

Von Cali bis Ipiales (26.11 bist 10.12.2011, 507km, total: 6695km)

Bis nach Santander de Quillachia, so gut 50km, ist es noch flach. Ich bin immer noch im sog. "Valle" dem weiten Tal des Rio Cauca. Ab hier führt die Panamericana 25 wieder ins Gebirge. Und wie! Die steilen Steigungen zwingen mich grösstenteils zum absteigen und schieben. Bei der Zahlstelle beim kleinen Dorf Tunja komme ich mit einer Angestellten eines Taxi- und Autobusgesellschaft ins Gespräch. Von morgens um 6 bis abends um 9 kontrolliert sie alle Vehikel des Unternehmens. So checkt sie unter anderem, ob die Fahrzeuge nicht überbesetzt sind und alle Passagiere bezahlt haben, aber auch ob der Chauffeur die vorgeschriebene Krawatte trägt und nicht mit den Einnahmen mogelt. Sie hat früher eine Zeit lang in Aequador gearbeitet und gute Dollars verdient, erzählt sie mir. Hier in Kolumbien ist das durchschnittliche Einkommen deutlich geringer.

Als nächstes erreiche ich die "weisse Stadt"  Popayan. Nicht wie in den anderen Städten, die ich bisher  in Kolumbien gesehen habe, hat diese Stadt ein gut erhaltenes historisches Zentrum. Alle Gebäude sind, wie es der Uebername sagt, weiss angestrichen und haben rote Ziegeldächer. 2 Ruhetage ist es allemal wert hier zu weilen und sich von diesen steilen Strassen zu erholen.

Bei der langen Abfahrt nach der Kleinstadt El Bordo werde ich Zeuge eines schrecklichen Bildes. Ein Radfahrer liegt tot unter den Vorderrädern eines Lastwagens. Die Polizei hat den Unfallort mehr recht als schlecht abgesichert. Ein Krankenauto ist nicht zur Stelle.

Die Strasse trägt wohl den grossen Namen PANAMERICANA, ist jedoch weite Strecken schmal, holprig und in schlechtem Zustand. Vor allem hier im Süden des Landes. Dazu kommen die unübersichtlichen Kurven und wie schon oft erwähnt die extreme Steilheit. Alte, überladene Lastwagen keuchen die Berge hoch und verleiten schnellere und stärkere Fahrzeuge zu gewagten Ueberholmanövern. Es geht schlimm zu und her und die Folgen sind nicht selten tödlich. Dieses Jahr kommen als Folge der extremen Regenfälle noch Erdrutsche und Strasseneinbrüche dazu. Der Staat hat zu wenig Geld um die Strassen in ordentlichem Zustand zu halten.Und wenn Geld fliesst, landet vieles in den Taschen von korrupten Beamten oder weiss ich wo. Nur nicht wofür es bestimmt ist. Ich komme ins grübeln.

Pasto, die Hauptstadt der südlichsten Provinz Nariño, ist voll im Weihnachtsrummel, als ich ins Zentrum fahre. Es hat auf der Plaza und den angrenzenden Strassen festliche Beleuchtung. Vielleicht etwas unordentlicher als bei uns in der Schweiz. Nach einigem Fragen und und zwei drei "Fehlversuchen" finde ich ein sehr sauberes und schön eingerichtetes Hotel. Die Frau an der Rezeption ist sehr freundlich und heitert mich auf. Ich beschwere mich aufgrund meiner angeknackten Nerven wohl etwas zu sehr über die mangelhafte Wifi-Verbindung. Die Leute haben aber grosses Verständnis und lassen sich nicht aus der Ruhe bringen von diesem verrückten "gringo" mit seiner "cycla", wie die Kolumbianer das Velo nennen. Die Stadt liegt in einem Hochtal auf 2500m.ü.M. und es ist kühl und regnerisch. Typisches "Pastowetter". Es hat wenig Sehenswürdigkeiten aber ich gebe zu, dass ich die meiste Zeit nur im Hotel hocke oder ins Restaurant gehe, um zu essen und den feinen Kaffee sowie die köstlichen Süssgebäcke zu geniessen.

Nach dem letzten Frühstück in Pasto geht es gleich wieder 15km steil hoch. Es war nicht anders zu erwarten. Auf der Passhöhe hat es eine tolle Bäckerei mit Restaurant. Ich frage gar nicht nach der Topografie des weiteren Weges. Ich rechne mit dem "Schlimmsten" und so kommt es dann auch. Es folgt eine steile Abfahrt von etwa 35 Kilometern fast runter in die Tropen, dann eine Brücke über einen Fluss und dann ist gleich wieder Schieben angesagt. Es geht ein enges spektakuläres Tal hoch.  Bei einer Tankstelle esse ich etwas und fahre resp. laufe weiter. Dann fängt es an zu regnen. Eine Strassenseite ist gesperrt wegen eines Erdrutsches. Während die Lastwagen und Autos der Gegenseite passieren, erzählt mir der junge Verkehrslotse, dass gestern unweit von hier eine junge Frau verschüttet worden sei. Ich solle doch zurückfahren zur Tankstelle und dort übernachten. Es sei  gefährlich hier bei Regen hochzufahren, denn jeden Augenblick können wieder lose Fels- und Erdmassen auf die Strasse abrutschen. Ich bin derart fixiert, noch heute beim nächsten Dorf oder sogar in Ipiales, an der Grenze zu Aequador, anzukommen, dass ich die Warnung in den Wind schlage und weiterlaufe. " Die anderen fahren ja auch", sage ich mir und laufe weiter. Etwas weiter oben wird das Gelände offener und ich fühle mich wieder sicher. Im kleinen Dorf San Juan sind meine Kräfte ziemlich am Ende und ich übernachte im einzigen Hotel. Das Zimmer ist nicht sehr sauber und das Bad erst recht nicht. Es gibt keinen Grund sich darüber aufzuregen. Ich bin eh zu müde dafür. Die Dusche, wenn auch kalt, ist sowas von erfischend! Beim Abendessen im Restaurant des Hotels sitzen am Nebentisch ein paar Männer und mit dem Alkohol- steigt auch der Lärmpegel. Man kann nur hoffen, dass keiner von ihnen in ihrem Zustand noch ans ans Steuer geht und die Panamericana noch gefährlicher macht.

Es ist dann nur noch etwa 7 Kilometer richtig steil und bin dann relativ schnell in Ipiales. Der Ort ist doch grösser als ich dachte und ich habe eine stattliche Auswahl an Hotels. Alles ist besser als die Absteige von gestern! Schon bin ich wieder übermütig. Ich sollte ja dankbar sein, dass es in San Juan überhaupt eine Unterkunft gab. Ich bin hier in Ipiales wieder auf etwa 2700m.ü.M. und das Wetter ist ungastlich wie in Pasto. Bis auf die 2 Kirchen sehe ich keine historischen Gebäude. Die Fassaden der Häuser sind nur auf der Strassenseite ansehnlich. Richtung Innenhof sind die Häuser weder verputzt noch fertiggestellt. Halt gerade was für nötig erachtet wird. Die Stadt lebt vom Grenzverkehr und für Aequadorianer ist es wohl günstig mit den Dollars hier einzukaufen. Ich fühle mich sehr wohl hier, denn das Hotel ist vorzüglich und günstig wie die Konditoreien. Die Aussicht vom Dach des Hotels auf die geschäftige Plaza und auf die Hügel des Umlandes ist toll. Abends sehe ich runter auf die beleuchtet Kirche und die Innenstadt. Es geht mir wieder besser. Einziger Aerger ist, dass ich unbedingt das Velo, vor allem die Bremsen, warten müsste. Mach ich nicht gerne, ist jedoch überfällig nach diesen Abfahrten und dem nassen Wetter.

Über mich

Sucre, Chuquisaca, Bolivia