Peru: 1. Teil

Von der ecuadorianischen Grenze bis Chiclayo (13.1. - 24.1.2012, 1618 km, Total: 8323 km)

Im peruanischen Zollgebäude, das am zerfallen ist, kommt eine junge Frau auf mich zu und gibt mir Tipps und etwas Kartenmaterial worüber ich mich sehr freue. Ich habe nicht gesehen, dass gleich neben dem Zollschalter ein kleines Tourismusbüro ist, und die Dame ist auf mich zugekommen. Sehr nett.

Im Grenzgebiet der Küste von Peru und Ecuador verändert sich die Landschaft innert weniger Kilometer abrupt. Schnell ist es vorbei mit den Bananenplantagen und dem üppigen und tropischen Grün. Es wird steppenartig oder gar wüstenhaft. In Tumbes, nach 26 Kilometern auf der Panamericana, suche ich ein Hotel mit Klimaanlage, denn die enorme Hitze macht mir schwer zu schaffen. Ich finde auch etwas aber es hat kein Fenster im Zimmer. Die Fassaden an der Strassenseite der Hotels sehen jeweils sehr einladend aus aber dahinter... na ja! Dazu muss ich das Velo und die Taschen meist einige Treppen hochschleppen. Ebenerdige Hotels sind eine Rarität. Längst habe ich mich daran gewöhnt.
Das nächste Stück ist echt schön, führt die Strasse doch direkt entlang malerischer Strände und FischerdörferIn Punta Sal, übernachte ich in einem kleinen Hotel am Strand. Für peruanische Verhältnisse ist das kleine Strandparadies möndän und teuer. Wohlhabende Städter haben hier ihre Wochenend- und Ferienhäuser. Ein kurze Tagesetappe weiter lande ich in Mancora. Ich staune nicht schlecht, als ich den Rummel auf der Strasse sehe und all die Restaurants und kleinen Hotels. Es ist Hauptferienzeit und junges Volk, vor allem viele Argentinier, machen hier Surf- und Partyferien.  Auf dem Dorfplatz treffe ich auf ein junges Paar aus Argentinien, die ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs sind. Sie möchten eine Weile hier bleiben und etwas Artesania (selbstgefertigtes Kunsthandwerk) an die Touristen verkaufen. Die Frau erzählt mir, wie sie in Bolivien schon in Hotels und Restaurants gearbeitet haben, um Geld für die Weiterreise zu verdienen. Der junge Mann schleppt in einem Anhänger noch seinen Hund durch die Wüste. Das nenne ich doch wahre Tierliebe! Zusammen erkunden wir den einfachen Zeltplatz, den ein Surfer auf seinem Grundstück anbietet. Die sanitären Anlagen sind mir jedoch zu dreckig um dort zu campen. Der Mann verlangt etwa 1.50 Franken pro Zelt. Grund genug für die ausgebrannten argentinischen Velofahrer dort zu bleiben. Am Abend kehre ich in einem der unzähligen Restaurants ein und wie es der Zufall so will, ist der Besitzer ein Schweizer dessen Vater nach Peru ausgewandert ist. Nach einigen Zwischenstationen, unter anderem in den USA und auch der Schweiz, hat er sich hier niedergelassen und die Herberge mit dem Lokal eröffnet. Das einfache, vergleichsweise bescheidene, aber beschauliche Leben in diesem Strandresort scheint ihm sehr zu gefallen.

Auf dem nächsten Tagesabschnitt hat es eine etwa 4 Kilometer lange Steigung und einige Passanten warnen mich regelrecht davor. Es habe 32 Kurven und gehe steil bergauf. Die Leute wissen ja nicht, dass ich vorher in den Anden von Ecuador war... Der kleine Pass ist denn auch, trotz aller "Warnungen",  relativ leicht und abends bin ich in der Ölstadt Talara. Die Anfahrt ins Zentrum führt entlang trauriger Armenviertel mit staubigen Strassen. Da liegen die Öldollars gleich vor der Tür und die Menschen hausen wie die Tiere. Nichts Neues also auch hier in Peru...  Es gibt sogar eine riesige Raffinerie hier. Sie soll den Amerikanern gehören (!). Das Benzin ist selbstverständlich teuer wie sonstwo.

Die etwa 90 Kiometer nach Sullana führen wieder landeinwärts durch trockendste Wüste. Ich bin froh, so um die Mittagszeit in einem kleinen Laden Schatten und ein kaltes Getränk gefunden zu haben. Zu essen gibt es leider nichts mehr. Macht nichts, denn ich hab ja immer etwas kleines dabei zum knabbern und einige Kilometer weiter kann ich in einem Dorf, dass auf der Karte nicht eingetragen ist, fein essen gehen. Je mehr ich mich der Stadt nähere, desto grüner wird's.  Es hat Reisfelder welche künstlich bewässert werden und Vieh auf den Weiden. Das Wasser kommt von einem Stausee und vom nahen Rio Chira. Die sommerlichen Regenfälle sind jedoch bisher ausgeblieben.

40 Kilometer weiter südlich bin ich bereits in Piura, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Es soll eine der ältesten Städte Perus sein, hat jedoch nur ganz wenige erhaltene Gebäude aus der Kolonialzeit.
Als nächstes steht die Durchquerung der Sechura-Wüste an. Der Coiffeur erzählt, dass es auf halbem Weg, nach ca. 100 Kilometern, ein Roadhouse mit Restaurant geben soll. Ich lasse mir diese Information nochmals bei der Rezeptionistin im Hotel bestätigen bevor ich es wirklich glaube. Zu oft hat man mich schon "in die Wüste geschickt" wie man hier passend sagen kann. Noch vor 6 Uhr am Morgen (!) fahre ich also los damit ich so um die Mittagszeit das Roadhause erreichen sollte. Die Dörfer ziehen sich jedoch noch bis etwa 40 Kilometer entlang der neuen Panamericana hin und in Walter's Restaurant kann ich gemütlich das Frühstück nachholen auf das ich in Piura wegen der frühen Stunde verzichten musste. Dieses saubere Restaurant kann ich nur weiterempfehlen, denn das Ziegenfleisch und die Beilagen sind für einmal vorzüglich und die Leute sehr freundlich. Leider kann man das nur selten von den Restaurants in der Wüste behaupten.
Bei einem Verkaufsstand, wo "Wüstendelikatessen" angeboten werden, unterhalte ich mit mit der Verkäuferin. Diese Jahr, und schon vorher, habe es leider nur sehr wenig geregnet und es gäbe daher nicht mehr viel Wildhonig und bohnenförmige, süsse Früchte des Algarrobo-Baumes. Die Niederschläge, die durch das  El-Niño-Phänomen entstanden sind, sind leider in den letzten Jahren ausgeblieben und die Tier- und Pflanzenwelt macht dadurch eine schon lang anhaltende Dürre durch. Um halb zwei erreiche ich dann, wie geplant, das Roadhaouse und trinke dort etwas kühles. Eigentlich warte ich nur bis die Schatten länger werden und es etwas abkühlt, damit ich das Zelt ein paar Kilometer weiter aufstellen kann. Es stinkt nach Fäkalien und Urin, denn die Männer die hier eine Pause einlegen, machen sich nicht die Mühe auf's WC zu gehen und erledigen ihre Notdurft gleich auf dem Parkplatz hinter ihren Autos. Der Wind vom Klo hinter dem Haus weht den Gestank ebenfalls vor das Restaurant.
Ich bin froh, als es endlich Abend wird und ich diesen traurigen Ort verlassen kann und finde einen Lagerplatz abseits der Strasse zwischen den verdorrten Bäumen. Während des nachmittags ist ein Wind aufgekommen, und so profitiere ich vom Durchzug im Zelt. Die Hitze wäre sonst fast nicht auszuhalten.
Am nächsten Tag kämpfe ich gegen den Wind und zudem geht es noch leicht bergauf. Die Dünenlandschaft ist zwar eindrücklich aber das Vorwärtskommen sehr anstrengend. Nach 85 Kilometern erreiche ich das Dorf Morrobe und es hat dort ein neues, einfaches Hotel. Super!
Von hier sind es nur noch 40 Kilometer nach  Chiclayo, einer ziemlich grossen Stadt hier in Nordperu. Es scheint so etwas wie ein Las Vegas zu sein, wenn man die zahlreichen Casinos im Zentrum und die Lage in der Wüste als Vergleich nimmt. Warum Chciclayo "die Stadt der Feundschaft heisst" weiss ich nicht. Auch hier ist es rundum fruchtbar dank des Tinajones Staudamms der hier Landwirtschaft ermöglicht. Ich finde es sehr schön hier, auch wenn wie in Piura, keine alten Kolonialgebäude erhalten sind. Das Zentrum ist sauber und es ist nicht vom Masssentrourismus "verdorben". Es ist daher auch viel billiger für die Bewohner. Nicht vergleichbar mit Mancora weiter nördlich. Der Tourismus hat einerseits die gute Seite, dass es ein Einkommen bringt, andererseits steigen dadurch die Preise für die einheimische Bevölkerung, die nur wenig verdient.

Über mich

Sucre, Chuquisaca, Bolivia